Das Forum Zivilgesellschaft Salzburg wurde von der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen und dem Verein SOL – Menschen für Solidarität, Ökologie und Lebensstil initiiert. Für Unterstützung danken wird der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung. Anna Steger danken wir für die Zubereitung des Buffets. Im Folgenden werden die Ergebnisse der vier „Tische“, die in einem Worldcafe erarbeitet wurden, zusammengefasst.
Tisch 1: Wie gewinnen wir neue Engagierte?
Moderiert und zusammengefasst von Marily Loebell, attac Salzburg.
Folgende Befunde wurden genannt: Die Gruppe der Engagierten ist klein, es kommen immer die Gleichen zusammen; nur eine Minderheit engagiert sich, das wird als „normal“ angesehen; daraus resultiert ein „Imageschaden“ des Engagements: „es sind die Randgruppen, die sich engagieren“; es herrscht allgemeine Resignation; Sattheit der Bevölkerung verhindert Engagement; die vorhandenen Probleme sind zu wenig greifbar; es gibt (nur) kleine Erfolge; hoher Lebensstandard führt zu Angst vor Lebensqualitätsverlust; das Bewusstsein für notwendige Veränderungen ist z.T. vorhanden, doch die Gesellschaft ist nicht besonders politisch; „Politik“ gilt weitgehend als Unwort; Politikverdrossenheit und nationalistisches bzw. traditionalistisches Denken erschweren Engagement ebenso wie der starke Glaube an die Problemlösungsfähigkeit des Kapitalismus; Ärger- und Ohnmachtsgefühle finden keinen organisierten Ausdruck; das uneinheitliche Auftreten der „Kritischen“ erschwert die Identifikation mit Bewegungen; dazu kommt die Machtlosigkeit der „Bedürftigen“; die Vision des Wachsen-Müssens verunmöglicht Alternativen; „Care“-Arbeit sowie karitatives Engagement werden von Politik abgespalten: Menschen in Sorge-Tätigkeiten sind sich nicht bewusst, dass ihre Arbeit eine politische Dimension hat; weiters genannt wurden die Ressourcenknappheit der NGOs sowie die Rolle der Medien, die den Engagierten keine / wenig Aufmerksamkeit geben.
Als Zukunftsideen wurden genannt und diskutiert: Provokante Aktionen durchführen, um Aufmerksamkeit zu erzielen; Gefühlsebene von Themen ansprechen; die Jugend dort „abholen“, wo sie ist; den Spaßfaktor betonen; der Faktor TUN ist für die Jugend sehr wichtig: jetzt und gleich, nicht ewig diskutieren; Taten setzen – nicht nur Diskussionen: gelebte Systemkritik; Ärger und Empörung als Motivation für Engagement sehen; stärkere Kooperation der zivilgesellschaftlichen Initiativen anstreben; zivilgesellschaftliche Kooperationen mit Jugendarbeit verbinden; Gemeinschaftsstruktur schaffen und eine gemeinsame Sprache finden; gezielt und gemeinsam für Anliegen mobilisieren; bezahlte Jobs in diesem Bereich schaffen; speziell für Jugendliche – Grundsicherung als Chance?; Grenzen aufbrechen zwischen dem Privaten und dem Politischen, das Politische ins Private hereinholen; „Care“-Arbeit politisieren; Regionalisierung des Engagements, um Menschen besser vor Ort zu erreichen; Identifikation und „Wir“-Gefühl durch mit Engagement schaffen; „Neue“ willkommen heißen; ihnen das Gefühl geben, dass sie gebraucht werden; Leute im eigenen Lebenskreis ansprechen: Mitmachaktionen organisieren; als MotivatorIn Ziel und Vision geben; konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und greifbar machen (haptische Erlebnisse); geistig – sozial – erlebnisorientiert aktivieren; MultiplikatorInnen ausbilden; „Zukunftswerkstatt“ als Methode im öffentlichen Raum einsetzen, z. B. bei fair-kehrten Festen; diskutiert wurden auch eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit und Präsenz durch kontinuierliches Marketing sowie professionelle Strukturen im NGO-Bereich; als notwendig befunden wurde auch, Kraft und Ressourcen gezielt einzusetzen und auf Wesentliches zu konzentrieren.
Tisch 2. Wie Bildung und Engagement verschränken?
Moderiert von Robert Buggler, Salzburger Armutskonferenz, zusammengefasst von Hans Holzinger
Als Befunde/Kritikpunkte wurden genannt: Konkurrenzdenken, Abgrenzungsbedürfnis und ideologische Grenzen können Kooperationen im Bildungsbereich behindern; die Überfülle an Angeboten und „Flut an Informationen“ erschwert die Orientierung; es fehlen niederschwellige Bildungsangebote für bildungsferne Gruppen; „missing link“ zwischen Angeboten und Nachfrage verhindert Angebotsoptimierung; es besteht die Gefahr des „Bratens im eigenen Saft“; generell wurde befunden, dass Bildung negativ konnotiert ist und mit Dingen wie Frontalunterricht oder Leistungserbringung verbunden wird, nicht jedoch mit Engagement.
Folgende Ideen wurden eingebracht: Info-Kampagnen durchführen zu „Engagiert euch – empört euch“ oder „Bildung macht Spaß“; „faire Stadtführungen“ durch Salzburg, die Organisationen und Orte vorstellen, an denen sich Menschen für eine gerechte welt einsetzen; lebensweltorientierte, ereignisbezogene Bildungsangebote; alle Sinne ansprechende Angebote; unsere Anliegen und Themen verstärkt bei den institutionalisierten Bildungsanbietern positionieren; Fortbildungsangebote speziell für „Engagierte“; Junge als MultiplikatorInnen gewinnen; neue Aktionsformate wie z. B. Bäume pflanzen als Beitrag zu Klimaschutz und Stadtverschönerung; Erstellung eines monatlichen „Bildungsplakats „ analog dem „Kultplan“; „Recht“ auf Bewerbung in den Massenmedien.
Tisch 3. Vielfalt der Gruppen Welche gemeinsamen Ziele?
Moderiert und zusammengefasst von Walter Galehr, Verein SOL
Als Ziele für Engagement wurden genannt: Gesellschaftlicher Mehrwert; aktives Mitgestalten des eigenen Umfelds; Mitwirken an einer „besseren“ Welt; selbstbewusst Anliegen vertreten; überzeugend wirken durch einen genussvoll nachhaltigen Lebensstil.
Die Befunde wurden wie folgt zusammengefasst: Vielfalt führt zur Vielfalt der Ergebnisse und zu Ideenreichtum, aber Ressourcenarmut schwächt die Zivilgesellschaft: „ Jede/r wurstelt vor sich hin“, es fehlen eine gemeinsame (Infra-)Struktur sowie Andockpunkte für solche, die sich engagieren wollen. Es besteht die Gefahr einer „Informationsschwemme“ gegenüber den Nicht-Engagierten sowie eines „Energieverzehrs“ bei den wenigen Engagierten.
Folgende Zukunftsideen wurden diskutiert: Schaffung einer verbindenden Infrastruktur und Kommunikationsplattform; Aufbau eines konkreten Begegnungsraums in Salzburg ; Vorantreiben der Idee eines „Hauses der Zukunft“, in dem NGOs unter einem Dach arbeiten, zugleich alternative Wohn- und Arbeitsformen (innovative Unternehmen) erprobt werden können; Schaffung eines “NGO-coworking space”; Synergien nutzen; persönliche Begegnungen forcieren; Methodenvielfalt für Partizipation anbieten im Sinne von Ideen- und Lern-Werkstätten.
Tisch 4: Salzburger Forum Zivilgesellschaft permanent?
Moderiert und zusammengefasst von Hans Holzinger, Jungk-Bibliothek
Folgende Fragen wurden zunächst diskutiert: Wer gehört zur Zivilgesellschaft und wie definieren wir diese? Was muss geschehen, dass die Zivilgesellschaft eine stärkere Stimme bekommt? Welche Ziele hat das Forum Zivilgesellschaft und wer sind unsere Zielgruppen?
Einigkeit herrschte darüber, dass das Salzburger Forum Zivilgesellschaft Salzburg (SFZ) offen sein soll für alle Gruppen und Menschen, die sich im Sinne einer Gemeinwohlorientierung engagieren (wollen). Politische Parteien sollen nicht Mitglied des Forums sein, Einzelpersonen, die in Parteien engagiert sind, aber durchaus. Als Ausschlusskriterien wurden gemäß der international üblichen Definition von Zivilgesellschaft menschenverachtende oder rassistische Aktivitäten genannt. Kontrovers diskutierte wurde die Notwendigkeit der Erstellung eines Leitbildes. Konsens herrschte aber darüber, dass das SFZ ein Zweck- und Arbeitsbündnis zur Stärkung der gemeinsamen Anliegen von Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) sein soll, das 1-2 Mal jährlich einberufen wird. Das Forum soll ein öffentlicher Raum für Menschen sein, die sich engagieren (wollen) und auch als selbstorganisierte Fortbildungsveranstaltung dienen, in der neue Methoden und Werkzeuge erprobt werden können.
Folgende Themen wurden für zukünftige Foren benannt und diskutiert:
- Bessere Vernetzung der Aktivitäten und Veranstaltungen: z. b: durch Einrichtung eines Google-Kalenders
- Aufbau einer Internetplattform, die der Information und dem Austausch zwischen den stattfindenden Treffen dient. Als erster Schritt wurde die Einrichtung des Blogs „Salzburger Forum Zivilgesellschaft“ beschlossen.
- Entwicklung eines Paketes an Medien, die Salzburger Initiativen vorstellen sollen, um die Bürger und Bürgerinnen darüber zu informieren, wo sie sich engagieren können.
- Durchführung einer jährlichen Messe der NGOs nach den Vorbildern der „Kulturbörse“ für LehrerInnen sowie dem Forum entwicklungspolitischer Gruppen in Salzburg.
- Als mittelfristige Ziele wurden die Einrichtung eines Salzburger Demokratiefonds zur Unterstützung von NGOs sowie die Etablierung eines Salzburger Parlaments der Zivilgesellschaft, das einmal im Jahr vom Landtag angehört werden muss, vorgeschlagen.